Klimaschutz-Maßnahmenkatalog für Dresden

Am 30. Januar 2020 stellte der Dresdner Stadtrat im Beschluss „Fortschreibung der Klimaschutzziele der Landeshauptstadt Dresden“ fest, dass die bisher umgesetzten Maßnahmen in Dresden bei Weitem nicht ausreichen, um den Dresdner Beitrag zu den CO2-Emissionen auf ein klimaverträgliches Maß zu reduzieren. Daher soll in zwei Jahren ein neues Integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept (IEuKK) beschlossen werden. Wir sind uns, gemeinsam mit Fridays und Parents For Future Dresden einig: Im Angesicht der fortschreitenden Klimakrise sind zwei weitere Jahre ohne zentrale Schritte für den Klimaschutz nicht mehr vertretbar. Auch der Stadtrat hat beschlossen, dass vor Beginn der Beratungen zum Doppelhaushalt 2021/22 ein Zwischenbericht vorgelegt werden soll, welcher konkrete Vorschläge für kurzfristig zu realisierende Maßnahmen enthält. Diese Gelegenheit haben wir genutzt, um uns einzuschalten und den Prozess mit einer eigenen Liste an Vorschlägen und Ideen zu unterstützen.

Andere Städte in Deutschland haben bereits gehandelt: Leipzig hat am 10. Juni 2020 ein Sofortprogramm für den Klimaschutz vorgestellt, für welches 40 Millionen Euro bereitgestellt werden. Am 20. Dezember 2019 wurde in Stuttgart ein 200 Millionen Euro schweres Aktionsprogramm „Weltklima in Not – Stuttgart handelt“ beschlossen. Darüber hinaus zeigt die Coronakrise, dass konsequentes Handeln möglich ist und vorher undenkbare Schritte in kürzester Zeit Realität werden, wenn eine Krise ernst genommen wird. Jeder muss nun seinen Teil tun, auch Dresden. Unsere gemeinsame Liste mit insgesamt 117 Vorschlägen für Klimaschutz-Maßnahmen soll der Stadt Dresden dabei helfen geeignete Maßnahmen zu finden und umzusetzen. Diese Liste enthält nicht alle Maßnahmen die nötig sind für eine klimaneutrale Stadt, sondern vor allem Maßnahmen, welche im Handlungsspielraum der Stadt selbst liegen.

Die Liste soll und darf stetig erweitert werden. Wir stehen gerne für Austausch, Diskussionen und Beratung zur Verfügung. Schreibt uns einfach eure Anregungen per Email oder kommt zu einem unserer (Online)treffen.

Klimaziel statt Lobbydeal – Mit Spielzeugautos gegen die Abwrackprämie

Heute, am 2. Juni 2020, schließen sich verschiedene Gruppierungen der „For Future“-Bewegung in allen Teilen Sachsens dem bundesweiten Protestaufruf der „Fridays for Future“ gegen eine Abwrackprämie für PKW mit eigenen Aktionen an. Anlass ist der ursprünglich für diesen Tag in Berlin geplante Autogipfel, auf dem die Autolobby und Vertreter‘innen der Politik über die avisierte Abwrackprämie beraten wollten. An den Protestaktionen nehmen neben den „Parents for Future“ auch die „Scientists for Future“, „Omas for Future“ und „Health for Future“ in verschiedenen Orten in Sachsen teil.

In Dresden wird es im Rahmen der Demonstration von „Fridays for Future“ Dresden die Aktion „Keine Abwrackprämie für die Zukunft“ geben. Gemeinsam mit anderen Dresdner „For Future“-Gruppen rufen die „Parents for Future“ alle Kinder und deren Eltern dazu auf, nicht mehr benötigte Spielzeugautos zu sammeln und sie mit einem persönlichen Brief an Ministerpräsident Kretschmer für das Autoland Sachsen zu spenden.

Die Botschaft: „Wir schenken euch unsere alten Autos und wollen keine Abwrackprämie dafür. Wir wollen lieber eine Zukunft!“

Während die Demonstration der „Fridays for Future“ um 15:30 Uhr am Glockenspiel (Japanisches Palais) beginnt und mit einer Abschlusskundgebung auf dem Jorge-Gomondai-Platz endet, können die Dresdner‘innen ihre Spielzeugautos zwischen 17 und 17:20 Uhr auch direkt am gemeinsamen Stand der beteiligten Dresdner „For Future“-Gruppen vor dem Landtag abgeben.

An diesem Stand gibt es außerdem auch die Möglichkeit, weitere Bilder und Briefe an Ministerpräsident Kretschmer zu verfassen, die daraufhin als ein großes Paket versandt werden. Bei allen Aktionen werden selbstverständlich die Corona-Hygienemaßnahmen wie ein Mindestabstand von 1,5 m und das Tragen von Schutzmasken beachtet.

Auch in anderen Städten Sachsens wird es Aktionen verschiedener „For Future“-Gruppen vor Ort geben. Neben Leipzig gibt es in Freiberg es eine Fahrrad-Demonstration der „Fridays for Future“, sowie einen Aufruf der „Parents for Future“-Ortsgruppe, sich an der Aktion mit Spielzeugautos zu beteiligen. Bereits im Vorfeld des Aktionstages wurden in vielen Orten Sachsens Päckchen mit Spielzeugautos, Bildern und Briefen von Kindern und Erwachsenen an Ministerpräsident Kretschmer gepackt, die heute gemeinsam auf die Reise in die Dresdner Staatskanzlei geschickt werden.

„Klimaschädliche Verbrennungsmotoren sollen mit Millionen unterstützt werden – aber für den ÖPNV ist kein Geld da? Das versteht kein Mensch!“, sagt Bettina van Suntum von den „Parents for Future“ Leipzig mit Blick auf die gerade von der Stadt Leipzig angekündigte Verschiebung des 365-Euro-Tickets aufgrund der finanziellen Einbußen der Leipziger Verkehrsbetriebe während des Corona-Lockdowns.

„Bei Corona haben die Politiker‘innen wie selbstverständlich auf die Wissenschaft gehört. Nichts anderes erwarten wir auch bei der Klimakrise. Mit Blick auf die Abwrackprämie sind sich Klimaforschung, Wirtschaftswissenschaften und sogar der Präsident des BDI einig: Dieses Instrument ist untauglich. Und zwar sowohl ökonomisch, als auch ökologisch!“, ergänzt Dr. Dominic Eberle von den „Scientists for Future“ Dresden.

Carola Zscheile von den „Parents for Future“ aus Freiberg hat selbst ein Päckchen mit Freiberger Bildern und Spielzeugautos an Ministerpräsident Kretschmer auf den Weg gebracht. Carol Zscheile sagt: „Wir sind für ein Konjunkturpaket, dass die Wirtschaft aufgrund der Corona-Krise wieder ankurbelt. Wir sehen es aber als zwingend notwendig an, dass die Milliarden, die jetzt in die Hand genommen werden, in die Förderung zukunftsfähiger, ökologisch nachhaltiger Technologien und Maßnahmen gesteckt werden. Daher unterstützen wir „Parents for Future“ auch die Petition 110043 der Initiative Neues Wirtschaftswunder an den Bundestag, die nur noch bis zum 3. Juni läuft.“

Für Melanie Gerhards von „Health for Future“ Leipzig, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, ist klar: „Die Abwrackprämie ist ein klarer Behandlungsfehler bei der Notfallbehandlung der Klimakrise. Eine wirksame Behandlung ist die umgehende Reduktion des CO2- Fußabdruck. Und ich möchte, dass die Politiker die hierfür bereits zur Verfügung stehenden Therapien anwenden.“

Thomas Gärtner von „Omas for Future“ fragt sich laut: „Können wir nicht eigentlich von unseren Politiker‘innen erwarten, dass sie die junge Generation vor der langfristig noch viel bedrohlicheren Klimakrise schützt, so wie sie uns ältere Generation vor der Coronakrise schützt? So wie es die Wissenschaft bereits seit Jahren einstimmig fordert? Die junge Generation, unsere Kinder und unsere Enkel, wird die dramatischen Auswirkungen der Klimakrise real erleben. Wenn wir die Klimaziele nicht erreichen, werden mehrere Milliarden Menschen bis Ende dieses Jahrhunderts ihre Heimat verlassen müssen, weil diese durch den Klimawandel nicht mehr bewohnbar sein wird.“

Mehr Informationen zu den geplanten Aktionen am 2. Juni 2020.

Anfrage an den Dresdner Stadtrat zu Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe bei der Klimakrisenbewältigung

Am 30.01.2020 wurde der interfraktionelle Antrag zum „Klimanotstand“ in Dresden verabschiedet. Darin sind Klimaschutzmaßnahmen als Aufgabe von höchster Priorität definiert. Zwei Monate später möchten wir nun wissen, was bisher geschehen ist und wie die Pläne für die nächste Zukunft sind.

In Abstimmung mit der gemeinsamen Klimapolitik-AG verschiedener Umwelt- und Klimaschutzbewegungen und -organisationen der Stadt Dresden stellte Stadtrat Dr. Martin Schulte-Wissermann (Piraten) heute folgende Anfrage an den Dresdner Stadtrat:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

am 30.01.20 hat der Stadtrat der LH Dresden den Antrag A0011/19 „Fortschreibung der Klima- schutzziele der Landeshauptstadt Dresden“ beschlossen. Darin heißt es unter Punkt 3e: „Am Prozess zur Erarbeitung der Maßnahmen sind Verbände, u. a. aus den Bereichen Umwelt, Wirtschaft und Verkehr und gesellschaftliche Initiativen zu beteiligen.“

Im Vorfeld des Stadtrat-Beschlusses hatten sich eine Reihe von gesellschaftlichen Initiativen durch einen gemeinsamen Aufruf für Dresdens Beitrag und Verantwortung in der Bewältigung der Klimakrise eingesetzt. (Allgemeiner Studierendenausschuss der Evangelischen Hochschule Dresden, Anima e.V. – Verein für allumfassenden Tierschutz und Aufklärungsarbeit, arche noVa – Initiative für Menschen in Not e.V., Attac Dresden e.V., Biene sucht Blüte – Dresden soll summen!, Bits & Bäume – Bewegung für Digitalisierung und Nachhaltigkeit, BUND Dresden, BUNDjugend Dresden, Cambio e.V. – Aktionswerkstatt für Umweltschutz und Menschenrechte, Extinction Rebellion Dresden, Fridays For Future Dresden, Foodsharing Dresden / foodsharing e. V., Gemeinschaft für Menschenrechte im Freistaat Sachsen e.V., Greenpeace Dresden, Grüne Liga – Netzwerk Ökologischer Bewegungen, IMNU Fahrradkurier Dresden, Lose Laden, MICHA- Initiative Dresden, Mission Lifeline, NABU Regionalverband Dresden-Meißen e.V., NAHhaft e.V., NAJU Dresden – Naturschutzjugend, Neustadt Art Kollektiv, Ökumenisches Informationszentrum, Parents For Future Dresden, PlatzDa! Nachbarschaftstreff Löbtau, Psychologists For Future Dresden, Quilombo „Eine Welt“-Laden + .e.V, Rad i. O. – Studentische Fahrrad- Selbsthilfewerkstatt, Scientists For Future Dresden, Students For Future Dresden, Studierendenrat HTW, Studierendenrat HfBK, Studierendenrat Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden, TUUWI – Technische Universität Umweltinitiative, UNIPOLAR science.clothing, ver.di Bezirk Sachsen-West-Ost-Süd, Verkehrswende Dresden [1]).

Nun fragen sich die Initiativen, in welcher Form Beschlusspunkt 3e umgesetzt wird. Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang folgende Fragen:

1. Ab wann werden diese gesellschaftlichen Initiativen beteiligt?

2. Auf welchem Weg werden die Initiativen über den Fortschritt des Prozesses informiert?

3. In welcher Form ist die Beteiligung geplant (z. B. beratend, über Stellungnahmen, Veranstaltungen etc.)?

4. Welche Initiativen und Verbände dürfen sich nach heutigem Stand beteiligen?

5. Welche Mittel sind dafür bereits jetzt im Haushalt für den Beteiligungsprozess verankert? Welche sind in Zukunft geplant?

6. Ist es geplant, am Prozess zur Erarbeitung der Maßnahmen und deren Umsetzung auch die Dresdner BürgerInnen zu beteiligen (z. B. Einzelgespräche, Bürgerversammlungen, elektronische Umfragen)?

7. Wie und bei welchen Aufgaben können gesellschaftliche Initiativen die Verwaltung proaktiv unterstützen?

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Martin Schulte-Wissermann


[1] https://www.bund-sachsen.de/service/meldungen/detail/news/klimanotstand-fuer-dresden-die- letzte-chance-1/

Wir erwarten gespannt die Rückmeldung und werden diesen Prozess für mehr Klimaschutz in Dresden weiter kritisch und unterstützend begleiten.

Hemmnisse für den Solarenergie-Ausbau im städtischen Bereich

Im Anschluss an die Stadtratsentscheidung zum Klimaschutz in Dresden gestern möchten wir heute gleich mit Anregungen und Analysen nachlegen. Die HTW Berlin veröffentlichte nun im Rahmen des Forschungsprojektes PV2City eine Studie zu Hemmnissen für den Photovoltaik (PV)-Ausbau. Auf Bundes- und Landesebene bedrohen vor allem der 52GW-Solardeckel, die schnelle EEG-Vergütungsabsenkung und niedrige Ausbauziele die Energiewende und den Klimaschutz. Auf regionaler Ebene lassen sich vor allem durch Anpassungen bei der steuerlichen Behandlung von PV-Anlagen und im Denkmalschutz effektiv und schnell Erfolge im PV-Ausbau erzielen.

Endlich auch in Dresden: Klimaschutzmaßnahmen als Aufgabe von höchster Priorität

Was lange währt, scheint endlich gut. Nach mittlerweile einem halben Jahr seit dem ersten Antrag auf Ausrufung des Klimanotstandes im Stadtrat Dresden wurde heute ein neuer, interfraktioneller Antrag mit den Stimmen von Stadträten der SPD, CDU, Grüne, Linke, Piraten und Die PARTEI verabschiedet. Darin erklärt die Landeshauptstadt Dresden “angesichts des weltweit rasch voranschreitenden Klimawandels und der schwerwiegenden Folgen der Erderwärmung auch für Gesundheit und Wohlstand der Menschen in Dresden den Klimaschutz zur städtischen Aufgabe von höchster Priorität für die Daseinsvorsorge durch die Stadt und die städtischen Beteiligungsgesellschaften.”

Auswirkungen auf das Klima sollen ab sofort bei allen Entscheidungen berücksichtigt werden und Lösungen  bevorzugt werden, die sich positiv auf den Klima-, Umwelt- und Artenschutz auswirken. Besonders hervorzuheben ist, dass der Stadtrat anerkannt hat, dass die seit 2013 im integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept der Stadt festgeschriebenen Maßnahmen bisher ungenügend umgesetzt wurden und bei weitem nicht ausreichen, “um den Dresdner Beitrag zu den CO2-Emissionen auf ein klimaverträgliches Maß zu reduzieren, das im Einklang mit dem auch von der Bundesrepublik Deutschland beschlossenen 1,5 Grad-Ziel des Pariser Klimarahmenabkommens von 2015 steht.”

Besonders begrüßen wir, dass der Stadtrat den Dresdner Oberbürgermeister beauftragt, “das Integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept der Landeshauptstadt Dresden grundlegend zu überarbeiten und mit einem Maßnahmenkatalog zu versehen, der aufzeigt, wie die Stadt im Rahmen ihrer Handlungsmöglichkeiten deutlich vor 2050 Klimaneutralität erreichen kann.” Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen unmissverständlich, dass die globalen Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen bis 2040 netto auf null reduziert werden müssen, um das Klima, die Natur und damit unsere Lebensgrundlagen zu  erhalten. Alle Entscheidungsträger müssen jetzt handeln, wollen wir dieses Ziel rechtzeitig erreichen.

Wir begrüßen diese Entscheidung und werden den Prozess bis zur finalen Fassung des neuen, fortgeschriebenen Klimaschutzkonzeptes begleiten, kritisch bewerten und unsere Hilfe wo möglich und nötig anbieten. Ziel ist es, dass künftige Maßnahmen, Handlungen und Entscheidungen auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen fußen, damit Dresden 2040 eine CO2-Netto-Null erreicht.

Dr. Dominic Eberle schloss seine Rede heute im Stadtrat mit den Worten: “Wir Scientists for Future Dresden freuen uns, dass es mit dem interfraktionellen Antrag gelungen ist Dresden auf den richtigen Pfad zu bringen. Besonders wichtig für uns ist, dass dieser Antrag, auf aktuellen, wissenschaftlichen Erkenntnissen gründend, die Dringlichkeit der Situation anerkennt und zukünftige, dringend nötige Fortschritte ermöglicht.”